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RÜCKERSTATTUNG DER UMSATZSTEUER BEIM PROZESSKOSTENERSATZ

Unterliegt man als Prozesspartei bzw. als vertretender Rechtsanwalt in einem Gerichtsverfahren, ist dies natürlich für alle Beteiligten äußerst unangenehm. Nicht nur, dass der unterlegene Prozessteilnehmer (in weiterer Folge: "Unterlegener") mit seinem Klagebegehren nicht durchdringt bzw. zur Umsetzung des Klagebegehrens des Prozessgegners (in weiterer Folge: "Obsiegender") gerichtlich verpflichtet wird, nein, dazu kommt auch noch, dass man als Unterlegener (im Regelfall) seine eigenen Prozesskosten tragen muss und auch die Prozesskosten des Obsiegenden zu bezahlen verpflichtet ist.
Für Unterlegene gibt es jedoch einen kleinen Trost in dieser Situation, den wir Ihnen im Folgenden präsentieren:
Nach wie vor ist vielen Privaten, Unternehmern und auch Rechtsanwälten nicht bekannt bzw. wird darauf zu Lasten des Unterlegenen vergessen, dass der Unterlegene die im geleisteten Prozesskostenersatz enthaltene Umsatzsteuer — und damit immerhin 20% des Verdienstes nach Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) (nicht jedoch von den Barauslagen) — vom Obsiegenden rückfordern kann, wenn dieser (als Unternehmer) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Der Rückforderungsanspruch ergibt sich wie folgt: Das Gericht hat in seinem Urteil die vom Unterlegenen zu ersetzenden Prozesskosten jeweils als Brutto-Beträge anzugeben und den Unterlegenen zu deren Zahlung (als Brutto-Beträge) zu verpflichten. Gleichzeitig hat das Gericht in seinem Urteil aber nicht gesondert zu behandeln, ob der Obsiegende die Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs vergütet erhalten könnte. Daraus ergibt sich, dass der Obsiegende selbst dann Anspruch auf Ersatz der Brutto-Prozesskosten hat, wenn er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Der umsatzsteuerrechtliche Leistungsaustausch findet jedoch zwischen dem Obsiegenden und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt statt. Aus diesem Grund kann den Vorsteuerabzug aus dem Prozesskostenersatz nicht der Unterlegene, sondern nur der Obsiegende in Anspruch nehmen, obwohl das Rechtsanwaltshonorar tatsächlich vom Unterlegenen bezahlt wird. Steht dem Obsiegenden das Recht auf Vorsteuerabzug zu, so hat der Unterlegene für die Umsatzsteuer einen Rückersatzanspruch gemäß Art XII Z 3 EGUStG, weil es sich beim Ersatz von Prozesskosten umsatzsteuerrechtlich nicht um Entgelt für eine sonstige Leistung des Obsiegenden, sondern um echten, nicht steuerbaren Schadenersatz handelt.
Für eine Rückforderung müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
Zum einen muss der Prozessgegner, wie schon erwähnt, zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Diese Frage ist nach § 12 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG) zu beurteilen und hängt von der im Einzelfall abzuklärenden, umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft iSd § 2 UStG ab. Zu beachten ist, dass die Unternehmereigenschaft im Zeitpunkt der (Beendigung der) Leistung (= Verfahrensende) vorgelegen sein muss.
Zum anderen ist Voraussetzung, dass der Rechtsvertreter des Obsiegenden (in weiterer Folge: "Gegenvertreter") bereits eine Rechnung bzw. Honorarnote an den Obsiegenden gelegt hat. Für die Rechnungslegung steht dem Gegenvertreter eine Frist von sechs Monaten ab Beendigung des Verfahrens zu. Nach § 21 Abs 1 UStG ist die Vorsteuer bis zum 15. des der Rechnungsausstellung folgenden, zweiten Monats im Wege der Selbstberechnung geltend zu machen. Damit liegen die Voraussetzungen zur Rückforderung spätestens ab dem 16. des dem Leistungsabschluss nachfolgenden achten Monats vor.
Im Rahmen eines Beispiels stellt sich dies dar wie folgt: Das Urteil geht den Prozessparteien am 15.6.2017 zu und ist demnach (nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) mit 14.7.2017 rechtskräftig. Am 28.7.2017 endet die (14-tägige) Leistungsfrist. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Unterlegene die Prozesskosten an den Gegenvertreter bezahlt haben, wenn er nicht eine Exekutionsführung gegen sich riskieren möchte. Der Gegenvertreter hat nun bis zum 14.1.2018 Zeit, an den Obsiegenden eine Honorarnote für die in dem Prozess erbrachten Leistungen zu legen. Der Obsiegende seinerseits hat die Vorsteuer bis zum 15.3.2018 geltend zu machen. Der in unserem Beispiel im Prozess Unterlegene kann demnach spätestens ab dem 16.3.2018 den erstatteten Umsatzsteuerbetrag beim Obsiegenden geltend machen. Bei Rechnungslegung vor dem 14.1.2018 wäre eine Rückforderung der Umsatzsteuer demgemäß schon — abhängig vom Datum der Rechnungslegung — früher möglich.
Zu beachten ist noch, dass es für das Entstehen des Rückersatzanspruchs nicht darauf ankommt, ob der Obsiegende von der Vorsteuerabzugsmöglichkeit tatsächlich Gebrauch macht oder nicht, sondern nur darauf, ob er dazu berechtigt wäre.
Natürlich kann mit dem Obsiegenden schon im Vorfeld (vor Überweisung des Prozesskostenersatzes) vereinbart werden, dass der Prozesskostenersatz nicht brutto, sondern um den Umsatzsteuerbetrag vermindert sogleich netto an den Obsiegenden bezahlt wird. Diese Vorgehensweise bedeutet allerdings ein freiwilliges Entgegenkommen des Obsiegenden zum Vorteil des Unterlegenen, weshalb in der Praxis der Unterlegene die Umsatzsteuer im Regelfall außergerichtlich einfordern wird müssen. In Härtefällen, sollte der Obsiegende den Rückforderungsanspruch des Unterlegenen (natürlich sofern berechtigt) nicht anerkennen und sich weigern, dem Unterlegenen die Umsatzsteuer rückzuerstatten, kann bzw. muss der Unterlegene seinen Rückersatzanspruch im Prozessweg, in einem gesonderten Verfahren, geltend machen.
Laut der Entscheidung des LG Für ZRS Wien zur GZ: 45 R 174/87 ist der Rückforderungsanspruch als Bereicherungsanspruch zu qualifizieren (Laut der Entscheidung zur GZ: 1 R 247/95 führt das OLG Innsbruck unter "Rechtliche Beurteilung" aus, dass es sich bei dem gegenständlichen Rückforderungsanspruch um einen "Bereicherungsanspruch sui generis" handelt) und der Anspruch verjährt demnach erst nach 30 Jahren.
2023-09-18 15:15