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MESSIE IN DER WOHNUNG: LEITFADEN FÜR VERMIETER

1. Es steht der Verdacht, einen Messie in einer Mietwohnung zu haben. Welchen ersten Schritt sollte ein Vermieter an dieser Stelle unternehmen? Ist es von Belang, was der Messie "sammelt"?

Wenn das Verhalten eines Mieters noch nicht ein derartiges Ausmaß angenommen hat, dass ein Kündigungsgrund vorliegt (siehe dazu ausführlich Frage 2), kann das Mietverhältnis zwar noch nicht gekündigt werden, aber es ist ratsam für zukünftige Gerichtsverfahren Beweise zu sammeln.

Es ist daher empfehlenswert mit den Nachbarn des Mieters Kontakt bezüglich beispielsweise Geruchswahrnehmungen, Ungeziefer, Fleckenbildungen in den angrenzenden Wohnungen usw aufzunehmen. Für zukünftige Gerichtsverfahren sollten, wenn Wahrnehmungen von den Nachbarn erfolgen, Name und Anschrift derselben notiert und allenfalls Fotos angefertigt werden. Die Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes trägt nämlich der Vermieter!

Es ist insofern relevant, welche Sache der Messie sammelt, wenn aufgrund der gesammelten Gegenstände Brand- oder Ungeziefergefahr udgl besteht (siehe dazu ausführlich Frage 2).

2. Gibt es Unterschiede, je nachdem ob die Mietwohnung unter das MRG fällt oder nur teilweise bzw. gar nicht?

Bezüglich der Kündigungsgründe besteht im Wesentlichen kein Unterschied, ob das MRG zur Anwendung gelangt oder nicht.

Beim Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG kann das Mietverhältnis beendet werden, "der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet" (§ 30 Abs 2 Z 3 MRG).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjektes oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendige Vorkehrungen wichtige Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstandes erfolgte oder auch nur droht (Ris-Justiz RS0067832).

Es entspricht daher der Rechtsprechung, dass eine Verwahrlosung des Bestandobjekts in Verbindung mit einer erheblichen Brand- oder Ungeziefergefahr durch Lagerung von Unrat einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Bestandgegenstand darstellt (OGH 8 Ob 67/14g).

Bei fortgesetztem Ansammeln und Belassen von Müll diverser Art in der gesamten Wohnung besteht jedenfalls die drohenden Gefahr von Ungeziefer (OGH, 24.04.2003, 3 Ob 164/02t). In diesem Fall wäre daher der Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauch erfüllt. Dabei ist es nicht relevant, ob dem Vermieter (bisher) ein konkreter Schaden am Mietobjekt entstanden ist.

Sollte durch das Anhäufen von Gerümpel und Abfall auch Ungeziefergefahr für andere Wohnungen des Hauses bestehen, ist zudem der Kündigungsgrund wegen rücksichtlosen und ungehörigen Verhaltens gegenüber den Mitbewohnern erfüllt (OGH, 21.10.1982, 7 Ob 652/82) und können daher beide Kündigungsgründe geltend gemacht werden.

Beim Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG gelangen nur diese Kündigungsgründe zur Anwendung. Darüber hinaus können keine Kündigungsgründe des Vermieters vereinbart werden, die über das gesetzliche Ausmaß hinaus gehen (§ 30 Abs 3 MRG).

Kommt das Mietrechtsgesetz nicht zur Anwendung, ist es ebenfalls möglich das Mietverhältnis gemäß § 1118 ABGB wegen nachteiligen Gebrauchs zu kündigen. Hier gilt im Wesentlichen dasselbe wie für den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 MRG.

Grundsätzlich kann bei Anwendung des Mietrechtsgesetzes der Vermieter den Mietvertrag nur gerichtlich aufkündigen (§ 33 Abs 1 MRG). Prinzipiell ist eine vorherige mündliche oder schriftliche Kündigung durch den Vermieter ist nicht erforderlich. Eine Abmahnung ist aber dann ein Erfordernis, wenn dem Bestandnehmer die Schädlichkeit des Gebrauches nicht ohne weiteres erkennbar ist (Ris-Justiz RS0021058). Es ist daher zweckmäßig, wenn eine schriftliche Abmahnung an den Mieter zu übermitteln. Um nachverfolgen zu können, dass dieses tatsächlich dem Mieter zugestellt wurde, sollte dieses per Einschreiben versendet werden.

Sollte das MRG überhaupt nicht zur Anwendung gelangen (bspw bei Vermietung von Ein- oder Zweifamilienhäusern) und wurde keine anderslautenden Vereinbarungen zwischen den Parteien des Mietverhältnisses getroffen worden, kann das Mietverhältnis auch unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungstermine und -fristen beendet werden. Es bedarf keines gesonderten Kündigungsgrunds. Zudem kann der Vermieter das Mietverhältnis in diesem Fall auch außergerichtlich mittels Auflösungserklärung beenden. Sollte der Messimieter die Wohnung dann allerdings nicht fristgerecht verlassen, benötigt man erst recht wieder das Gericht (Räumungsklage wegen titelloser Benützung), um den Messimieter los zu werden.

3. Kann ein Vermieter überhaupt kündigen, weil ein Messie-Syndrom in der Regel ein Krankheitsbild ist?

Es muss dem Mieter die Schädlichkeit seines Verhaltens nicht subjektiv erkennbar sein (8 Ob 67/14g). Das bedeutet, dass dem Mieter die Nachteiligkeit nicht erkennbar sein muss. Vielmehr reicht für die Wirksamkeit einer Kündigung aus, dass einem "durchschnittlichen" Mieter die Schädlichkeit seines Verhaltens erkennbar ist. Die Kündigung des Mietverhältnisses ist daher auch möglich, wenn der Mieter an einem Messie-Syndrom erkrankt ist.

4. Kann ein Vermieter sofort kündigen, weil ein vermeintlicher Messie seine Wohnung bewohnt oder muss in dem Fall erst eine Abmahnung ausgesprochen werden? Wie ist hierbei das richtige Vorgehen?

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs setzen der Auflösungstatbestand bzw. Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs kein Verschulden des Mieters voraus. Es reicht, dass dem Mieter die Nachteiligkeit seines Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste. Eine der Auflösungserklärung bzw. Aufkündigung vorangehende Abmahnung ist als Erfordernis redlicher Rechtsausübung daher nur dann erforderlich, wenn dem Mieter die Schädlichkeit des Gebrauchs nicht ohne weiteres erkennbar ist oder erkennbar sein muss (OGH 8 Ob 53/20g). Da möglicherweise nicht bekannt ist, ob dem Mieter die Schädlichkeit seines Verhaltens bewusst ist, ist bei Messimietern jedenfalls ratsam eine vorherige Abmahnung an den Mieter zu richten (siehe dazu Frage 2).

5. Kann ein Vermieter im Falle einer verwahrlosten Wohnung fristlos kündigen?

Eine "fristlose Kündigung" ist, wenn das Mietrechtsgesetz zur Anwendung gelangt, nicht möglich. Es müssen die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten werden. Zudem muss -im Falle der Bewohnung durch einen Messie der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 MRG vorliegen.

Sollte das Mietrechtsgesetz nicht zur Anwendung kommen und liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch durch den Mieter vor, kann das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung, somit fristlos gekündigt werden. Es bedarf in diesem Fall eines Kündigungsschreibens mit einer ausführlichen Beschreibung des Kündigungsgrundes. Das Problem ist hier aber faktischer Natur. Im Anwendungsbereich des MRG benötigt man für die Auflösung des Mietverhältnisses immer ein Gericht; außerhalb des MRG nur, wenn der Mieter sich der Kündigung widersetzt und die Wohnung nicht verlässt. Im Ergebnis dauert es in beiden Fällen allenfalls sehr lange, bis der Mieter am Ende exekutiv geräumt werden kann.

6. Der Messie ist nach der Kündigung ausgezogen, die Wohnung jedoch nicht leergeräumt — wie muss der Vermieter dann vorgehen? Gehört alles automatisch ihm? Kann er die Kosten der Entrümpelung auf den ehemaligen Mieter abwälzen?

Kosten für Verwahrung sind grundsätzlich ersatzfähig

Wenn die Kündigung über das Gericht erfolgte, hat der Vermieter einen vollstreckbaren Titel. Mit diesem Titel kann er dann die Delogierung vollstrecken lassen. Es muss zusätzlich bei Gericht die Räumung beantragt, wobei nach Erteilung der Exekutionsbewilligung ein Räumungstermin ausgeschrieben wird.

Gegenstände, die in dem Bestandsobjekt hinterlassen wurden, sind auf Kosten des Verpflichteten (Mieter), durch den Gerichtsvollzieher in Verwahrung zu bringen. Jedoch hat der Vermieter für den Abtransport und die allfällige Verwahrung der Gegenstände zu sorgen. Die betreibende Partei, somit der Vermieter, hat daher unbeschadet der späteren Einbringlichkeit vorläufig den Abtransport und die Verwahrung auf seine Kosten vorzunehmen.

Diese Kosten stellen grundsätzlich gemäß § 349 Abs 2 EO ersatzfähige Exekutionskosten des betreibenden Gläubigers (Vermieter). Bedingung ist aber, dass Vermögen beim Mieter vorhanden ist. In den meisten Fällen wird dies nicht gegeben sein und bleibt der Vermieter "auf den Kosten sitzen".

Kosten vermeiden bzw minimieren

Es kann bei der Räumung ein Sachverständiger zur Feststellung der Einlagerungswürdigkeit von Räumungsgut beigezogen werden. Bei der "Wertloserklärung" durch einen Sachverständigen ist jedoch jedenfalls zu bedenken, dass auch eine faktische Wertlosigkeit von Gegenständen nicht deren Einlagerung ausschließt. Vielmehr ist der Bedarf des Mieters bzw. auch ein allfälliger ideeller Wert zu berücksichtigen (Sammlungen, Familienfotos, etc). Es ist daher möglich, dass auch in diesem Fall zurückgelassene Gegenstände eingelagert werden müssen.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass — wenn der Mieter noch auffindbar bzw erreichbar ist — sich eine Wertloserklärung von diesem unterfertigen lassen und in Folge die zurückgebliebenen Sachen zu entsorgen.

Mieter ist abwesend bzw unauffindbar

Insbesondere, bei Abwesenheit des Mieters besteht die Gefahr, dass der Vermieter seine Verwahrungskosten nicht ersetzt erhält. In diesem Fall kann ein Zustellkurator bestellt werden. Dadurch entstehen jedoch zusätzliche Kosten für den Vermieter. Erst dann können die eingelagerten Sachen gepfändet werden. Durch gerichtliche Versteigerung kann der erzielte Erlös zur Befriedigung der entstandenen Kosten dienen.

Strafrechtliche und schadenersatzrechtliche Konsequenzen

Festzuhalten ist, dass das eigenmächtige Beseitigen von "wertlosen" Gegenständen schadenersatzpflichtig machen kann und auch strafrechtliche Tatbestände erfüllen kann. Es ist daher jedenfalls davon abzuraten hinterlassene Gegenstände, auch wenn diese wertlos erscheinen, eigenmächtig zu entsorgen.

Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und erstellt.

Eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen.

Mag. Roman Tenschert, Rechtsanwalt und Partner bei Meta Legal
Mag. Nina Toth, geprüfte Rechtsanwaltsanwärterin bei Meta Legal